Kommunikation im Wandel. Immer erreichbar. Die neue digitale Informationsflut.

Die Studie „Entspann dich, Deutschland“ der Techniker Krankenkasse1 zeigt: 39 Prozent der Berufstätigen fühlen sich durch die Informationsflut, vorwiegend durch E-Mails, gestresst.

Ein weiteres Drittel, 28 Prozent, empfindet es als belastend, beruflich immer erreichbar sein zu müssen. Welche Rezepte gibt es gegen den digitalen Stress?

„Die mobile Kommunikation erleichtert unseren Alltag in vielen Bereichen, viele haben aber auch das Gefühl, dass vor allem die Arbeitswelt immer schneller wird und sie den Anforderungen nicht mehr gerecht werden“, sagt TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas.1 Überraschenderweise fühlen sich auch jüngere Menschen von den digitalen Medien gestresst, obwohl sie quasi in die neue digitale Kommunikationswelt hineingeboren wurden. Das zeigt die repräsentative Studie „Zukunft Gesundheit 2018“ von der Schwenninger Krankenkasse und der Stiftung „Die Gesundarbeiter“, für die junge Erwachsene zwischen 14 und 34 Jahren befragt wurden.2 Ausgelöst wird der Stress durch die vielen Ablenkungsmöglichkeiten in den digitalen Medien wie Blogs, Videos und Chats. 67 Prozent der Befragten können sich diesem Stress nach eigenen Angaben nicht entziehen. Mehr als 50 Prozent sehen sich auch durch die allgemeine Informationsflut unter Druck gesetzt. Häufige Auslöser: Push-Nachrichten, Mails und Newsletter. Gleichzeitig bekennt fast jeder zweite digital Gestresste, dass er nichts dagegen tun könne. Insbesondere Männer fühlen sich in dieser Hinsicht nicht handlungsfähig. Sehr viel häufiger als Frauen geben sie an, „ständig“ für ihren Arbeitgeber oder Ausbilder erreichbar sein zu müssen. Verstärkend komme der stressfördernde Trend hinzu, jederzeit und sofort auf Nachrichten reagieren zu müssen, so die Gesundheitsexpertin der Schwenninger, Dr. Tanja Katrin Hantke.

Dort gibt es seit 2017 ein weltweit einmaliges Gesetz, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das „Recht auf Abschalten“ zubilligt. „Französische Angestellte verbringen im Schnitt 30 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, ihre Mails zu kontrollieren“, sagt Rechtsanwalt Patrick Thiébart von der Kanzlei Jeantet. „Das wirkt sich zwangsweise auf ihre Produktivität und Kreativität aus.“3 Ob sich durch das Gesetz etwas ändert, müssen weitere Untersuchungen zeigen. In Deutschland gibt es trotz aktueller Diskussionen in der Politik noch keine gesetzliche Anti-Stress-Regelung beim Thema E-Mails. Trotzdem haben etliche deutsche Konzerne bereits Mechanismen eingeführt, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor der ständigen Erreichbarkeit zu schützen. Der Volkswagen Konzern gilt unter den Autobauern als Vorreiter. Das Unternehmen sperrt die E-Mail-Konten seiner Mitarbeitenden nach Feierabend und liefert die Nachrichten am Morgen des nächsten Arbeitstages nach. Und Mercedes bietet seiner Belegschaft an, ihre E-Mails im Urlaub löschen zu lassen – freiwillig.

Klingt ganz einfach: Smartphone aus! Oder es während der Mittagspause auf dem Schreibtisch „vergessen“, Wearables ablegen, mal nicht mit Siri oder Alexa sprechen und vor allem nicht mehrere mediale Dinge gleichzeitig tun. 37 Prozent kombinieren laut Umfrage Fernsehen und das Checken von E-Mails.4

Stress durch digitale Medien lässt sich vor allem durch Auszeiten vermeiden, zeigt die Studie der Schwenninger Krankenkasse.
 
Fakt ist: Nur 56 Prozent der „Gestressten“ gönnen sich heute digitale Auszeiten. Bei den „Entspannten“ sind es hingegen 73 Prozent. Hier gilt es, konsequent Freiräume zu schaffen, damit die Nachricht einer Freundin oder eines Freundes, die Push-Meldung mit neuesten Nachrichten oder ein schneller Post auf Instagram nicht zwanghaft wird. „Die wichtigste Auszeit aber ist unsere tägliche Nachtruhe", sagt die Gesundheitsexpertin Dr. Tanja Katrin Hantke. „Richten Sie Ihrem Smartphone einen festen Schlafplatz außerhalb des eigenen Schlafzimmers ein. Dort wird es dann spätestens vor dem Zubettgehen deponiert – und schläft ohne Unterbrechung bis zum nächsten Morgen.“5

Ab in den Papierkorb. Trennen Sie Wichtiges von Unwichtigem und Relevantes von Schönem sowie Berufliches von Privatem. Was sind die großen Zeitfresser bei der täglichen Arbeit? Sortieren Sie konsequent aus. Auch im Umgang mit E-Mails lässt sich Stress vermeiden: E-Kommunikations-Spezialist und Ratgeber-Autor Günter Weick sagt zur E-Mail- Kommunikation: „Ein leeres Postfach tut der Psyche gut.“ Deshalb sollte man sich jeden Tag 30 Minuten konsequent um ein solches kümmern und alle E-Mails abarbeiten.6 Vier von fünf E-Mails, die im Büro hin- und hergeschickt werden, haben keine Relevanz, betont Sigrid Hess, Trainerin für IT und Büroorganisation. Sie gibt in ihrem Buch „Überleben in der Informationsflut“ hilfreiche Tipps für einen stressfreieren Umgang mit E-Mails.7

In der VBL wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Arbeits- und Medienstress für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verringern. So gibt es beispielsweise zu den Themen Resilienz, Zeitmanagement und Entspannung ein breites Seminarangebot; dazu kommen vielfältige Betriebssport-Programme. Zusätzlich werden in der VBL gemeinsam mit verschiedenen Krankenkassen Gesundheitstage veranstaltet. Diese Tagesprogramme beinhalten Themen wie Vital-Screenings, Cardio-Stresstests, Schlafanalysen oder Yoga.

 

Download: VBL-Geschäftsbericht 2018, PDF, 14 MB

 

 

Quellen:
1 TK-Stressstudie, Entspann dich Deutschland, 2016.
2 Studie: Zukunft Gesundheit 2018 – Jungen Bundesbürgern auf den Puls gefühlt, Schwenninger Krankenkasse und Stiftung „Die Gesundarbeiter“, 2018.
3 welt.de, Franzosen haben jetzt das „Recht auf Abschalten“, 2017.
4 Statista, Umfrage zum Checken von E-Mails nach Situationen in Deutschland 2017, 2018.
5 Schwenninger Krankenkasse und Stiftung „Die Gesundarbeiter“, Studie: Zukunft Gesundheit 2018, 2018.
6 Sigrid Hess, Überleben in der Informationsflut: So behalten Sie die Kommunikation im Griff, 2015.
7 barmer.de, Digitale Medien und Schlafqualität, 2019.